Patriarchat

Die katholische Kirche, eine der einflussreichsten Institutionen der Weltgeschichte, hat ihre Strukturen und Doktrinen auf einem tief verwurzelten patriarchalen Fundament aufgebaut. Diese patriarchale Ordnung hat ihre Ursprünge in der Kultur des Altertums. Die Unfähigkeit oder Unwilligkeit zu grundlegenden Reformen führten zumindest in Westeuropa zu massivem Bedeutungsverlust. Will die Kirche ihre Rolle als gesellschaftliche Instanz nicht völlig verlieren, muss sie sich den überfälligen Reformen, insbesondere nach Gleichberechtigung stellen.

Das Patriarchat im Altertum

Im Altertum waren patriarchale Strukturen weit verbreitet. Gesellschaften waren von einer klaren Geschlechterhierarchie geprägt, in der Frauen eine untergeordnete, meist unsichtbare Rolle einnahmen.

Die Stellung der Frau in der damaligen Gesellschaft ist für uns heute nur schwer zu verstehen: Frauen galten als unvollkommen und weniger hoch entwickelt als Männer. Der Frau wurde das Böse, die Versuchung zugeschoben. Als Zeugen vor Gericht waren Frauen überhaupt nicht zugelassen. Man verwehrte ihnen die Bildung, wie sie die Männer genossen. Daher waren Frauen in aller Regel Analphabeten.

Auf Ehebruch stand für Frauen die Todesstrafe. Bei Männern sah das ganz anders aus: Sexueller Verkehr mit Sklavinnen, mit Prostituierten oder ledigen Frauen galt nicht als Ehebruch, wohl aber mit verheirateten Frauen. Dabei war das eigentliche Vergehen das sich Vergreifen am „Eigentum“ eines anderen Mannes! Ein interessanter Vortrag zur Stellung der Frau im Altertum und zum Umgang Jesu mit Frauen gibt es von Prof. Dr. Siegfried Zimmer auf „Worthaus“.

Diese Strukturen spiegelten sich auch in den religiösen Institutionen wider. In der jüdischen Tradition, aus der das Christentum hervorging, war das Priestertum ausschließlich männlich. Frauen wurden in der öffentlichen religiösen Sphäre kaum sichtbar.

Die Rolle Jesu und die frühe Kirche

Jesus galt als mutiger Reformer und er durchbrach in vielerlei Hinsicht auch die patriarchalen Normen seiner Zeit. Er interagierte offen mit Frauen, schloss sie in seinen Jüngerkreis ein und erkannte ihre spirituelle Gleichwertigkeit an. Diese Tatsache ist jedoch aus den Evangelien nicht angemessen herauszulesen. Warum? Weil die Evangelisten und die Briefeschreiber ausschließlich Männer waren und die haben ihre Botschaften vermutlich dahingehend „frisiert“, dass die Geschichten besser ins damalige Gesellschaftsbild passten. Nur so ist es zu erklären, dass viele Frauengeschichten totgeschwiegen oder heruntergespielt wurden.

So war es für Jesus selbstverständlich, auch Frauen in seinen Schülerkreis aufzunehmen, was z.B. für einen jüdischen Rabbi undenkbar war. Unter anderen hat Jesus auch Maria Magdalena zur Apostelin erhoben. Sie ging später als Apostelin der Apostel in die Geschichte ein. Die Begegnung mit der Samariterin am Brunnen ist ein prominentes Beispiel, wie unbedarft Jesus in aller Öffentlichkeit mit Frauen umging. Dabei war es absolut unschicklich, Frauen in der Öffentlichkeit anzusprechen und für Frauen war es gar verboten, mit fremden Männern in der Öffentlichkeit zu sprechen.

Jesus hat viel bewegt in den wenigen Jahren seines Wirkens. Aber um Jahrhundertealte Denkmuster wie das Patriarchat aufzubrechen und nachhaltig zu beeinflussen, war wohl die Zeit zu kurz. So blieb die gesellschaftliche und religiöse Struktur männlich dominiert.

Mit der Institutionalisierung der Kirche nach dem Tod Jesu setzte sich diese patriarchale Tendenz wieder vermehrt durch. Obwohl die frühe Kirche einige bedeutende weibliche Figuren wie Diakoninnen und Prophetinnen kannte, wurden diese Rollen im Laufe der Zeit marginalisiert. Was würde uns das neue Testament erzählen, wäre es von Frauen geschrieben? Wir dürfen davon ausgehen, dass manche Geschichte ganz anders wahrgenommen, erzählt und überliefert wäre.

Das Patriarchat in der Kirchengeschichte

In den urchristlich-jüdischen Gemeinden nach Jesu Tod gab es keine Dogmen, keine vorgeschriebenen Gebete, Rituale und Gottesdienstformen. Die frühe christliche Kirche war bis ins zweite Jahrhundert sehr vielschichtig. So konnte sich auch Neues entwickeln, die Gemeinden sich im Denken gegenseitig befruchten. Frauen spielten in dieser frühen Kirche noch eine tragende Rolle, auch als Priesterinnen.

Im Laufe der Jahrhunderte jedoch festigten die Patriarchen ihr Patriarchat in der Kirche. Das Priestertum blieb Männern vorbehalten, und Frauen wurden auf passive Rollen beschränkt. Die mittelalterliche Theologie trug ebenfalls dazu bei, indem sie Frauen als moralisch schwächer und weniger geeignet für öffentliche und spirituelle Aufgaben darstellte. Trotz der bedeutenden Beiträge von Frauen wie Hildegard von Bingen oder Teresa von Ávila blieb ihre Wirkung oft auf Klöster oder spezifische spirituelle Bewegungen beschränkt.

Die Neuzeit brachte zwar soziale und kulturelle Veränderungen mit sich, doch die Kirche hielt an ihrer männlich dominierten Struktur fest. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962–1965) brachte eine gewisse Öffnung für Laien und betonte die universelle Berufung zur Heiligkeit, doch Frauen blieben weiterhin von der Weihe ausgeschlossen. Eine wissenschaftlich wirklich belastbare Rechtfertigung gibt es dafür allerdings nicht.

Kritik am gegenwärtigen Patriarchat

In der Gegenwart wird die katholische Kirche zunehmend für ihre patriarchalen Strukturen kritisiert. Feministische Theologinnen und reformorientierte Gruppen fordern eine umfassende Gleichberechtigung, einschließlich der Zulassung von Frauen zu allen kirchlichen Ämtern. Der Ausschluss von Frauen vom Priestertum wird als Symbol für tiefere strukturelle Ungerechtigkeiten angesehen.

Papst Franziskus hat zwar Schritte unternommen, um Frauen stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen, etwa durch die Ernennung von Frauen in wichtige Verwaltungspositionen. Doch diese Maßnahmen reichen vielen nicht aus, da die grundlegende Machtstruktur unverändert bleibt.

Die Notwendigkeit von Veränderungen

Die Kirche steht vor der Herausforderung, ihre patriarchalen Strukturen grundlegend zu überdenken. Eine Reform würde nicht nur die Zulassung von Frauen zu allen Ämtern umfassen, sondern auch die Neubewertung theologischer Grundlagen, die das Patriarchat legitimieren. Dies würde eine erneute Auseinandersetzung mit der Bibel, der Tradition und der kirchlichen Lehre erfordern.

Gleichberechtigung wäre nicht nur ein Akt der Gerechtigkeit, sondern könnte auch die Glaubwürdigkeit der Kirche in einer zunehmend egalitären Welt stärken. Eine Kirche, die Frauen auf allen Ebenen gleichstellt, würde ein kraftvolles Zeichen setzen und ihre Botschaft von Liebe, Gerechtigkeit und Inklusion authentischer verkörpern.

Das wichtigste kommt noch. Papst Franziskus sprach es zu Beginn seines Pontifikats aus: die Kurie schmort im eigenen Saft, lebt im geistigen Inzest und das muss sich ändern.

Die Öffnung aller Ämter für Frauen wäre sicherlich auch mit einer geistigen (Wieder-) Belebung der Kirche verbunden und die täte wahrlich Not. Diese Öffnung wäre beileibe nicht der einzig notwendige Kurswechsel für die Kirche, aber der wichtigste. Die radikale Durchforstung kirchlicher Gesetze, überkommener Doktrin und das Ende geistiger Sterilisierung des Volkes wie auch der Priesteramtskandidaten gehören zu den elementaren Maßnahmen, um die Kirche wieder auf den „Kurs des Lebens“ zu bringen.

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