Gott, Jesus und der heilige Geist

Die christliche Theologie beschreibt Gott als eine Einheit in drei Personen: Gott Vater, Jesus Christus als Sohn und den Heiligen Geist. Diese Vorstellung wird als Trinität bezeichnet und ist ein zentrales Dogma des Christentums. Die Lehre hat sich im dritten Jahrhundert allmählich herausgebildet und wurde beim Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) als offizielles Dogma festgelegt. Doch wie genau verhalten sich diese drei Personen zueinander und welche Rolle spielen sie für uns persönlich? Betrachten wir das menschliche Konstrukt „Dreieinigkeit“ und nehmen zunächst die drei „Akteure“ unter die Lupe:

Gott Vater

Lehre: In der christlichen Tradition gilt Gott Vater als der Schöpfer des Universums, der alles Leben ins Dasein rief. Er gilt als allmächtig, allwissend und allgegenwärtig.

Historie: Im Alten Testament wird Gott als eine einzige, unvergleichliche Wesenheit dargestellt, die alleinige Anbetung verdient. Einst als strengen Richter gelehrt, hat die Kirche Gott im 20. Jahrhundert zum liebenden Gott erklärt. Erster Wohnsitz war einst im Himmel; heute verorten IHN die christlichen Kirchen in allem Leben und im gesamten Universum.

Persönliche Sichtweise: Gott ist unfassbar, d.h. er ist nicht zu verorten, nicht zu beschreiben und nicht nachzuweisen. Gott ist der Schöpfer unseres wunderbaren Universums, aber er ist kein „allmächtiger Gott“ und ER wohnt schon gar nicht im Himmel.

Um die gedankliche Personifizierung abzubauen, spreche ich lieber von der „Gottheit“, derer wir teilhaftig sind. Diese Gottheit ist allgegenwärtig, in allem Leben und allen Dingen. So sind auch wir Menschen teil der Gottheit, wie Jesus auch „eins mit Gott“ war. Diese Gottheit sehe ich im Gegensatz zur christlichen Lehre nicht interaktiv, d.h. sie greift nicht aktiv ins irdische Geschehen ein. Täte sie es, würde sie Naturkatastrophen verhindern, Kriege unterbinden und die Menschheit mit der nötigen Weisheit ausstatten, das Leid weltweit zu lindern. Dennoch ist diese Gottheit nicht tot! Sie ist in jedem Menschen lebendig als Geist und zwar so intensiv, wie wir bereit sind, diesem Geist/dieser Gottheit Raum zu geben.

Gottes Sohn Jesus Christus

Lehre: Jesus wird seit seinem Tod bis heute als Mensch gewordener Gott beschrieben. Er hat die Menschheit durch seinen Opfertod am Kreuz erlöst, d.h. er ist für uns Menschen gestorben um uns die Schuld zu nehmen. Jesus wird als wesensgleich mit Gott bezeichnet (was übrigens jeder Mensch ist).

Historie: Jesus selbst hat sich nie mit Gott gleichgestellt, sich wohl aber als göttlich verstanden. In Evangelien bezieht sich Jesus oft auf Gott als seinen „Vater“, was auf seine Unterordnung schließen lässt. Zu seinen Lebzeiten galt Jesus in weiten Teilen der Bevölkerung als von Gott gesandter Prophet. Die Vergottung Jesu begann unmittelbar nach seinem Tod durch die urchristlichen Gemeinden und ist – dem damaligen Zeitgeist entsprechend – an einigen Stellen im NT erkennbar.

Persönliche Sichtweise: Im Gegensatz zu Gott ist Jesus auch dank der Evangelien und der historischen Forschung „greifbar“ bzw. vorstellbar. Jesus ist wie alles Leben aus Gott geboren. Er war Prophet und für mich der mutigste und konsequenteste Reformer aller Zeiten, der auch im Angesicht des Todes zu seinen Lehren stand. Dies machte ihn unbestritten zur herausragenden und beispielhaften historischen Persönlichkeit. Jesus ist für mich Vorbild und Kompass im Alltag, soweit es mir mit meinen menschlichen Schwächen möglich ist.

Die Anbetung Jesu als Gott ist mir fremd, weil sie meiner monotheistischen Vorstellung widerspricht und weil ich bei allem Respekt auch die großartigsten Menschen nicht als meine Götter anbete.

Der Heilige Geist

Lehre: Der Heilige Geist wird als eine göttliche Kraft beschrieben, die in den Gläubigen wirkt, sie ermutigt, leitet und inspiriert. Die genaue Natur des Heiligen Geistes bleibt jedoch in der christlichen Theologie vage definiert. Ist er eine eigenständige Person oder eher eine Manifestation von Gottes Wirken?

Historie: Vom 4. bis ins 7. Jahrhundert stritten sich einflussreiche Geistliche über die Trinität. Die Fehde um die wahre christliche Lehre geriet derart außer Kontrolle, dass Mord, Totschlag und staatlicher Terror grassierten. Dabei ging es (schon damals) mehr um Macht als um das Seelenheil der Gläubigen.

Im Jahr 381 berief Kaiser Theodosius I. das erste Konzil von Konstantinopel ein. Dort beschlossen die versammelten Bischöfe mehrheitlich, es gelte ab sofort »die alleinige Göttlichkeit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“, und zwar im gleichen Rang und in „liebevoller Dreieinigkeit“.

Persönliche Sichtweise: Wie kann der Geist eine eigenständige Persönlichkeit sein? Gottes Geist ist mit Gott untrennbar verbunden, weshalb mit Gott immer auch Gottes Geist zu verstehen ist und umgekehrt. Wie ich oben meine Sicht auf Gott beschrieben habe, ist Göttlichkeit nicht allmächtig und greift nicht ins irdische Geschehen ein. Aber Gott hat seine Abkömmlinge auf clevere Weise mit einem Sprachrohr ausgestattet. Es erlaubt uns, Gottes Geist zu hören und im Idealfall mit ihm in Kontakt zu treten. Inwieweit wir diesen heiligen Geist hören und ihn verstehen, hängt von unserer Bereitschaft zur Öffnung ab. STILLE und LEERE in und um uns ist der Schlüssel zu Gott. So kann Gott über den heiligen Geist mittelbar in uns und durch uns wirken.

Kritik an der Trinitätslehre

  • Biblische Argumente: Kritiker der Trinitätslehre weisen darauf hin, dass die Bibel an keiner Stelle explizit von einer dreieinigen Gottheit spricht.
  • Logische Widersprüche: Die Vorstellung eines Wesens, das gleichzeitig eins und drei ist, wirft logische Probleme auf.
  • Vergleich mit anderen religiösen Traditionen: In anderen monotheistischen Religionen wie dem Judentum und dem Islam wird die Trinitätslehre als eine Form des Polytheismus betrachtet. Der Islam sieht in der Trinität eine Abkehr vom reinen Monotheismus.
  • Alternative christliche Interpretationen: Nicht alle christlichen Gemeinschaften akzeptieren die Trinität. Die Zeugen Jehovas beispielsweise sehen Jesus als ein erschaffenes Wesen und nicht als Gott selbst. Auch der Unitarismus lehnt die Trinität ab und vertritt die Auffassung, dass Jesus ein von Gott gesandter Lehrer, nicht aber Gott ist.

Fazit

Gott als liebende Gemeinschaft: Die Trinität zeigt Gott als lebendige Gemeinschaft der Liebe. Der Vater erschafft, der Sohn erlöst, und der Heilige Geist wirkt in den Herzen der Menschen. Diese Vorstellung hilft Gläubigen, eine persönliche Beziehung zu Gott aufzubauen.

Die Brücke zwischen Gott und Mensch: Durch Jesus Christus wird Gott greifbarer. Sein Leben und Opfer zeigen Gottes Liebe in einer Weise, die manche Menschen leichter verstehen können. Dadurch wird der Glaube an einen barmherzigen Gott gestärkt, der sich dem Menschen zuwendet.

Der Heilige Geist als Beistand: Der Heilige Geist, der nach christlicher Überzeugung in den Gläubigen wirkt, gibt Kraft, Trost und Weisheit. Dadurch bleibt Gott nicht nur ein fernes Konzept, sondern eine gegenwärtige Realität im Leben der Gläubigen.

Die Trinität soll also zeigen, dass Gott Liebe, Beziehung und Gegenwart ist. Dieses Verständnis kann Vertrauen fördern und den Glauben vertiefen – im Idealfall nicht als bloße Theorie, sondern als lebendige Erfahrung.

Für meinen Glauben ist dieses Dogma nicht relevant. Ob Jesus Gott ist oder göttlich wie alle Menschen, mag für manche eine interessante Theorie sein. Für mich spielt sie glaubenspraktisch keine Rolle.

 

 

 

 

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