Zurück zur Urkirche?

Die Anfänge des Christentums liegen im 1. Jahrhundert n. Chr. im römischen Reich. Nach Jesu Tod gründeten seine Jünger die Jerusalemer Urgemeinde und verkündeten die reine Lehre Jesu sowohl Juden als auch Nichtjuden. Anfänglich galten sie als christliche Sekten innerhalb des Judentums. Schnell strömten die Jünger aus und gründeten zunächst im östlichen Mittelmeerraum weitere urchristliche Gemeinden.

Lehre und Gottesdienste

Die Urchristen hatten das Alte Testament zur Grundlage und glaubten an Jesus als den prophezeiten Messias. Kernbotschaft war die Auferstehung Jesu. Barmherzigkeit, Vergebung und Nächstenliebe wurde gelehrt und gelebt. Die Taufe – das vollständige Untertauchen im Wasser – war für einen Bekehrten unabdingbar. Die ersten Christen mieden bei ihrer Anbetung jedwede Bildnisse. Die Apostel und deren Schüler verbreiteten die Lehren Jesu, gründeten Gemeinden und verfassten Briefe, die später Teil des Neuen Testaments wurden.

Die Urchristen versammelten sich regelmäßig zum Gebet und zum gemeinsamen Agape-Mahl. Versammlungsort waren private Häuser von Gemeindemitgliedern (Hauskirchen), manchmal jüdische Synagogen oder öffentliche Plätze.

In diesen Versammlungen wurden Texte aus den Schriften des Alten Testaments sowie Lehren Jesu und seiner Apostel gelesen und diskutiert. Das Brotbrechen war das verbindende Element aller Gemeinden. Ansonsten war der Ablauf der Gottesdienste ebenso wenig geregelt wie die Lehre. Es gab noch keine Dogmen. Der Geist Jesu stand über allem.

Von der Vielfalt zur befohlenen Einheit

Die Gemeinden waren völlig auf sich selbst gestellt und durften frei agieren. So konnte eine wachsende Pluralität von Gemeindemodellen, Theologie und Liturgie entstehen. Im Urchristentum gab es noch keine hierarchischen Strukturen. Das änderte sich allmählich mit der endgültigen Trennung vom Judentum 135 n. Chr. Die wachsende Anzahl der Gemeinden war mit der Gefahr der Zersplitterung verbunden, weshalb allmählich organisatorische Strukturen aufgebaut wurden.

Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich eine ungeheuer reiche und mächtige Weltkirche mit strengen Regeln und Dogmen, die sie bis ins späte Mittelalter mit brutaler Gewalt durchsetzte. Widerspruch gegenüber der Kirche und den Priestern galt nicht nur als schwere Sünde, das war auch gefährlich.

Das änderte sich grundlegend im 17. und frühen 18. Jahrhundert. Die Aufklärung hat das Christentum erheblich geschwächt. Die Gläubigen wurden selbstbewusster und kritischer. Bis dahin unumstößliche Dogmen wurden hinterfragt. Der bedeutendste Wandel bestand in der teilweisen Distanzierung von Kirche und Staat. Seither ist es in vielen Staaten möglich, die Ansichten der jeweiligen Kirche offen abzulehnen oder aus der Kirche auszutreten.

Zurück zu den Wurzeln

In den letzten 2000 Jahren hat sich die Kirche in ihrer Lehre wie im Handeln weit vom Geist Jesu entfernt. Die Macht und Unanfechtbarkeit der Kirche verführte sie zu Kriegen, Morden und vielen anderen Verfehlungen. Angesichts ihrer eigenen, auch neuzeitlichen Sünden wäre Demut angebracht. Statt dessen beharrt die Kirche auf ihren moralischen Dogmen, Verboten und Gängelungen.

Es ist höchste Zeit, alles ernsthaft zu überdenken und radikal auszumisten, was sich in 2000 Jahren an Ballast und Müll angesammelt hat.

Wie wäre es mit einer Rückbesinnung auf das Wesentliche?

  • Bescheidenheit: Jesus hat sie vorgelebt in seinem Lebenswandel, in der Gleichheit aller Menschen.  Prunkbauten, gigantischer Verwaltungsapparat und Arroganz der Kurie gegenüber Anregungen von Außen können nicht im Sinne Jesu sein.
  • Aufrichtigkeit: Transparenz innerhalb der Kirche bis nach Rom, Vereitelung von Strafverfolgung für Kirchenmänner darf es nicht geben.
  • Entrümpelung überkommener Dogmen und Bestimmungen wie z.B. Unfehlbarkeit des Papstes, Zölibat, Männermonopol im Priesteramt, Glaubensbekenntnis, viele Gebetstexte und die verklärte Sprache in den Messbüchern, Arroganz gegenüber Laien.
  • Die Gläubigen nicht entmündigen, sondern ermutigen und befähigen, kritisch mitzudenken.
  • Offenheit gegenüber Neuem ist ein elementares Merkmal dynamischer Entwicklung. Jesus war dafür ein leuchtendes Vorbild. Er hat Reformen angemahnt, Missstände angeprangert, alte Traditionen in Frage gestellt und er hat das mit seinem Leben bezahlt. Diesen Geist braucht eine Kirche, wenn sie den Menschen dienen will.

Die katholischen Kirche opfert ihre Relevanz und damit ihre Existenz auf dem Altar der Einheit. Nur so kann ich mir das krampfhafte Festhalten an Altem erklären. Die Einheit der Kirche um jeden Preis ist aber unrealistisch, weil sich Gesellschaften verändern.

Ich wünsche mir eine einfache, offene, bescheidene, lebensfrohe, menschenfreundliche und vielfältige Kirche. Die so entstehende Pluralität ist zu nutzen, nicht zu fürchten.

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