Kritik am Glaubensbekenntnis

Glaubensbekenntnis, KircheIch glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, / und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, / empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, / gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, / hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, / aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; / von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. / Ich glaube an den Heiligen Geist, / die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, / Vergebung der Sünden, / Auferstehung der Toten / und das ewige Leben. / Amen.

Gebet oder Dogma?

Im Gottesdienst war es zu meiner Kindheit noch fester Bestandteil. Auch heute noch ist das kleine oder große Glaubensbekenntnis in Gottesdiensten verbreitet. Es soll die Anerkennung der kirchlichen Lehre manifestieren und alle Christen zusammenführen. Es ist von frühchristlichen Kirchenführern verfasst, mehrfach geändert und enthält die wichtigsten Eckpfeiler christlichen Glaubens.

Im ersten vatikanischen Konzil 1867-1870 wurde die Bedeutung des Glaubensbekenntnisses formuliert: (Quelle: Wikipedia)

„Mit göttlichem und katholischem Glauben ist all das zu glauben , was im geschriebenen oder überlieferten Wort Gottes enthalten ist und von der Kirche im feierlichen Lehrurteil oder durch gewöhnliche und allgemeine Lehrverkündigungen als von Gott geoffenbart zu glauben vorgelegt wird .“

Dieser Satz hat es in sich. Die Kirche hat befohlen, was zu glauben ist. Das hat bis Anfang des 20. Jahrhunderts auch ganz gut funktioniert. Da waren die Gläubigen mehrheitlich noch obrigkeitshörig. Kritik gegenüber der Kirche war eine Sünde. Sachlich war dieses Diktat schon deshalb falsch, weil tragfähiger Glaube nicht mittels Diktat funktionieren kann.

Die teilweise fragwürdige Auslegung des Glaubensbekenntnisses empfinde ich als verzweifelte Versuche, manch christliche Lehrsätze zu rechtfertigen. Das Glaubensbekenntnis ist keine heilige Schrift. Man darf es also der gewollten Aussage anpassen, sodass willkürliche Interpretationen überflüssig sind.

Mit meiner Kritik will ich nicht bekehren oder belehren, sondern dazu anregen, darüber nachzudenken, was wir da beten.

Meine Kritik im Detail

Ich glaube an Gott, : Ich auch! Gott ist die Mutter unserer wunderbaren Schöpfung, in der alles seinen Sinn hat. Gott irrt nicht.

den Vater, : Wem die Metapher hilft, möge sie behalten.

den Allmächtigen, : Vorsicht! Das suggeriert einen interagierenden Gott, der alles machen, alles geschehen lassen oder ändern kann, wie es ihm beliebt. Das kann ich mir nicht vorstellen. Dann würde er ja Unrecht verhindern, in Rom aufräumen, Not lindern…

den Schöpfer des Himmels und der Erde, : Der Schöpfer des unendlichen Universums. Unser Planet ist ein unvorstellbar winziger Teil davon. Alles Leben entwickelt sich weiter, funktioniert, repariert sogar (noch) menschliche Schädigung. Blicken wir beispielhaft nur auf uns Menschen. Unser Körper ist genial erschaffen und von der Befruchtung bis zum letzten Atemzug ein einziges Wunder. Gottesglaube ist, wenn ich dieses Wunder in Demut und Dankbarkeit anerkenne. Dazu gehört auch, Kriege, Katastrophen und persönliche Not anzunehmen, wenn ich sie nicht ändern kann. Dafür ist Gott nicht verantwortlich. Es liegt an uns, was wir aus der Schöpfung machen.

und an Jesus Christus, : JA! Jesus ist für mich Leitfigur und Beispiel. Ein mutiger Reformer, der kompromisslos seiner Seele gefolgt ist.

seinen eingeborenen Sohn, : Da gibt es einen dogmatischen Fehler: Wenn wir nach kirchlicher Lehre alle Töchter und Söhne Gottes sind, kann Jesus nicht eingeborener Sohn sein.

unsern Herrn, : Für mich steht Gott ganz oben. Es braucht keinen Herrn und es braucht diese Überhöhung Jesu nicht. Jesus war ein großartiger Mensch und hat uns beispielhaft gezeigt, was es heißt, an Gott zu glauben. Sein Glaube hat ihn getragen und ihm Dinge ermöglicht, die uns unvorstellbar erscheinen.

empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, : Diesen Satz kann ich mir nur mit der fragwürdigen Sexualmoral der Verfasser erklären. Dabei haben sie übersehen, dass Gott auch die körperliche Lust und die Anziehungskraft der Geschlechter bedacht hat.

gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, : Historisch ohne Widerspruch.

hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; : Historisch umstritten. Ich bezweifle diesen Vorgang und sehe es eher als konstruierte Lehre zur Überhöhung Jesu. Die Entstehung des Christentums basiert wesentlich auf der Auferstehung Jesu.

Mein Glaube an Gott speist sich aus der Schöpfung und meiner Lebenserfahrung. Das reicht.

von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. : Diese Drohung war erfolgreich und hat die Menschen nicht nur an die Kirche gebunden, sondern vermutlich auch zu redlicherem Lebenswandel angehalten. Das rechtfertigt aber nicht solch katastrophale Lehre, die mit einem liebenden Gott nicht vereinbar ist.

Das Leben richtet uns. Wir bekommen die Antwort auf unser Tun meist unmittelbar oder mit kurzer Verzögerung.

Ich glaube an den Heiligen Geist, : Ist Gott nicht heiliger Geist bzw. ist der Geist nicht von Gott geschenkt? Der Geist ist doch untrennbar an Gott gebunden. Der Geist wie auch Jesus sind von Gott gesandt und deshalb IHM nachrangig. Insofern ist die Trinitätslehre für mich befremdlich.

die heilige katholische Kirche, : Wie kann eine Organisation, eine Institution heilig sein? Heilig ist alles von Gott geschaffene. Die Kirche gehört nach meinem Verständnis nicht dazu, schon gar nicht mit ihren (teuflischen) Fehlern.

Gemeinschaft der Heiligen, : Heilig ist alles von Gott geschaffene. Auch die Evolution ist göttlich und hat uns aus den Primaten hervorgebracht. Nur weil wir höher entwickelt sind als die Tiere, sind wir nicht heiliger als sie. Wenn mit der Gemeinschaft der Heiligen die Gemeinschaft aller Menschen, vielleicht sogar die Gemeinschaft mit allem Leben gemeint ist, bin ich damit einverstanden. Aber die Kirchenlehre meint vermutlich, dass es heiligere und weniger heilige Menschen gibt und das kann ich mit meinem Gottesverständnis nicht in Einklang bringen.

Vergebung der Sünden, : Die Vergebung der Sünden geschieht nicht einfach so. Sie beginnt bei mir selbst und setzt sowohl Erkenntnis als auch Reue voraus. Dann sind die Sünden auch von Gott vergeben. Dazu braucht es weder Jesus als „Sündenlamm“ noch eine formale Absolution. Wohl kann uns die Orientierung an Jesus wie auch der spirituelle Austausch mit Geist erfüllten Menschen bei der Vergebung auch unserer Sünden helfen.

Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.: Die Auferstehung und das ewige Leben sind Grundpfeiler christlicher Lehre. Wenn wir Menschen uns nicht für etwas Besseres halten als alles Leben, glaube ich an ewiges Leben im Sinne eines natürlichen Kreislaufs.

Fazit

Es gibt wunderschön beschreibende Texte, ja sogar Bücher, wie das Glaubensbekenntnis zu verstehen ist. Den meisten Erklärungen kann ich zustimmen. Warum schreibt man dann das Glaubensbekenntnis nicht so, wie es angeblich verstanden werden soll? Die deutsche Sprache bietet die besten Möglichkeiten dazu. Worte wirken in uns und zwar so, wie sie ausgesprochen werden. Deshalb sollten wir uns die fatale Wirkung bewusst machen, die der oben kritisierten Fassung innewohnt.

Für mich kann das Glaubensbekenntnis in der derzeitig “kirchenamtlichen” Fassung kein Gebet sein, weil es zu viele Widersprüche und falsche Dogmen enthält. Es bringt uns Gott nicht näher, sondern soll die Macht der Kirche stärken. Deshalb lehne ich es ab und ich finde, es ist in Gottesdiensten fehl am Platz.

Mein persönliches Glaubensbekenntnis

Nach der Kritik schrumpft es auf wenige Sätze zusammen:

Ich glaube an Gott, den Schöpfer des unendlichen Universums, perfekt geschaffen, des Lebens Sinn.
Ich glaube an Jesus Christus, beispielhaft als Menschenfreund, als kritischer Denker und mutiger Reformer, kompromisslos seiner Seele gefolgt bis in den Tod.
Ich glaube an den Heiligen Geist, von Gott gesandt, untrennbar mit ihm und uns verbunden.
Ich vertraue dem Leben, vertraue auf Gott, denn er ist in mir.
Ich will annehmen seinen Auftrag, in Liebe die Schöpfung zu ehren. Amen

Bin ich Christ?

Nach obiger Kritik muss ich mir diese Frage stellen. Für die katholische Kirche bin ich sicher kein Christ, eher ein Ketzer.

Ich glaube an Gott, orientiere mich am Geist Gottes und am Beispiel Jesu. Er hat uns gezeigt, was es heißt, Haltung zu zeigen, ungeachtet persönlicher Konsequenzen seiner Seele und dem Geist Gottes zu folgen.

So kehre ich die Frage um: Ist die katholische Kirche noch christlich? Dieser Frage sollten sich die Kirchenführer allen Ernstes und im Geiste Jesu stellen.

Ja, ich bin Christ, mit all meinen Fehlern und Unzulänglichkeiten!

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